- Deutschlands Norden erzeugt zu viel Strom aus Windkraft
- Der überschüssige Strom belastet ausländische Stromnetze
- EU will die fehlende Strom-Infrastruktur durch Strompreisgrenzen bestrafen

Der Norden Deutschlands flutet den europäischen Strommarkt mit günstigen Ökostrom. (Bild:Von Philip May – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0)
Deutschland hat ein Ökostrom-Problem. Im Norden des Landes wird zu viel Windkraft produziert, im Süden der Republik wird zu viel Strom konsumiert. Dadurch entsteht eine diffizile Situation, in der die Stromnetze in den Regionen unterschiedlich stark belastet werden.
Diese Fehlbelastung verärgert vor allem die deutschen Anreinerstaaten. Polen und die Niederlande legten bereits Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Der Vorwurf: Mit seinem Überangebot an günstigen Ökostrom flutet Deutschland die Strommärkte anderer Länder, die lokalen Betreiber zahlen drauf. Deutschland selbst schafft es nicht, den Strom in ausreichendem Maße in den Süden zu transportieren.
Der Weg des Stroms lässt sich nur teilweise kontrollieren
Eigentlich soll das Problem schon 2022 gelöst werden. Drei neue Stromtrassen sollen den günstigen Strom aus dem windreichen Norden in den Süden transportieren. Doch die Megaprojekte verzögern sich durch regionale Befindlichkeiten und politische Probleme. Geht man von neuesten Prognosen aus, stehen die Stromtrassen erst 2028. Bis dahin verteilt der Norden den überschüssigen Strom in alle Richtungen – nur nicht ausreichend in den Süden.
Rein physikalisch verhält sich der erzeugte Windkraftstrom folgendermaßen: In Norden werden Turbinen angetrieben, die Ökostrom erzeugen. Da die Stromleitungen nach Süden jedoch den enormen Mengen an sauberer Energie nicht standhalten können, sucht sich der Strom Ausweichrouten. Die Energie fließt über Polen und Tschechien in den Süden der Bundesrepublik – ein so genannter Loop Flow.
Die EU will nun auf die Problematik reagieren und plant die Einführung von Energiezonen. Das bedeutet, dass der Norden günstigere Strompreise erhält. Im Gegensatz dazu muss der Süden, mit seinem höheren Verbrauch und den schlechter ausgebauten Stromnetzen, draufzahlen. Deutschland soll in zwei Bereiche geteilt werden, um dem westlichen und östlichen Stromnetzen mehr Integrationsfreiraum zu ermöglichen. Der Süden muss also dafür bezahlen, dass im Norden extrem viel Ökostrom erzeugt wird.

Die deutschen Stromtrassen können den erzeugten Strom nicht ausreichend transportieren. (Bild: Von The original uploader, CC BY-SA 3.0)
Gabriel fürchtet ein zweigeteiltes Deutschland
Die Energiezonen (oder Strompreiszonen) sind ein Schreckensszenario für die Bundesregierung. Deshalb versucht Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die EU zu besänftigen. In der Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird dem massiven Ausbau der Windkraft im Norden ein Riegel vorgeschoben. Gabriel selbst bezeichnet die neuen Regularien eher als “Bremse”, doch die Intention ist klar: Solange der Netzausbau nicht hinter den enormen Investitionen im Bereich Windkraft herkommt, brauchen wir auch keine neuen Windkraftanlagen.
Wie absurd die Lage der Energiewende wirklich ist, zeigt ein Beispiel: Sind die Stromleitungen in Deutschland aufgrund der großen Produktion von Ökostrom überlastet, werden Windparks vom Netz genommen, um fossile Anlagen im Süden hochzufahren.
Müssen wir uns auf teuren Strom in Süddeutschland einstellen?
Wird Deutschland nun also in Strompreiszonen aufgeteilt? Nein, nicht wenn Sigmar Gabriels Vorhaben von der EU anerkannt wird. Zwar hat die EU-Kommission schon einmal ein Land mit Energiezonen bestraft (Schweden), doch die Lösung in Deutschland ist zum Greifen nah. Außerdem ist der Wunsch nach einem Binnenstrommarkt in der EU immer noch der große Traum fast aller Wirtschaftsminister. Und dieser wird nicht durch die Bestrafung des wirtschaftlich wichtigsten Staates vorangetrieben.

Sigmar Gabriel will den Ausbau von Windkraftanlagen beschränken. (Bild:Von ENERGY.GOV – Flickr, Gemeinfrei)
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